Überholung der Solex-Vergaser 40PII-4 des Porsche 356

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O.E.D.
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Überholung der Solex-Vergaser 40PII-4 des Porsche 356

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Wenn es um die Überholung der Solex-Vergaser 40PII-4 ihres Porsche 356 geht, herrscht bei vielen Kunden eine große Unsicherheit.

Eines vorweg: Von einer Umrüstung auf eine andere Vergasermarke als Solex
kann ich Ihnen nur abraten. Oft liest man, daß dies erheblich billiger sei als eine Instandsetzung. Die technischen Probleme (z.B. mechanische Überbelastung durch die hohen Drücke der Alternativ-Vergaser), welche solch ein Wechsel nach sich zieht, werden dabei meist verschwiegen. Schon allein zur Erhaltung des Wertes und der Historie ihres Fahrzeuges, sollten Sie außerdem aus optischen Gründen von einer Umrüstung absehen.
Meiner Meinung nach lässt sich eine seriöse Überholung der Solex 40PII-4 zusammengefasst an folgenden Punkten festmachen:
  • Die Vergasergehäuse wurden manuell per Dremel poliert und nicht mit Glasperlen o.ä. gestrahlt
  • Die Vergaser wurden auf geteilte Drosselklappenwellen umgebaut
  • Eine seriöse Überholung dieser Vergaser ist nicht zu Dumpingpreisen möglich
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle eine Entscheidungshilfe an die Hand geben, damit Sie die vorhandenen Qualitätsunterschiede der am Markt angebotenen Vergaserinstandsetzungen erkennen können. Gleichzeitig sollten Sie danach einen Überblick über die einzelnen Arbeitsabschnitte haben, und wie sich die einzelnen Kosten bei einer seriösen und technisch perfekten Instandsetzung der 40PII-4 Solex Vergaser zusammensetzen.

Trotz Einsatz von Maschinen ist der Anteil von Handarbeit bei der Restaurierung der 40PII-4 Vergaser nicht zu vernachlässigen.
Die größten Zeit- und Kostenfaktoren sind hierbei die Nacharbeitung der Mischkammerbohrungen (mit gleichzeitiger Anfertigung neuer Drosselklappen) und die Überarbeitung der Wellenlagerung.\n\nMittlerweile ist es eine Unsitte geworden die empfindlichen Vergasergehäuse aus Zeitgründen zu Strahlen. Durch diesen Vorgang wird die Oberfläche der Vergaser für immer zerstört. Sie würden ja auch nicht auf die Idee kommen, ihren Wagen anstatt mit einem Baumwolltuch mit 100er Schmirgelpapier zu polieren, oder?

Es werden immer Grundsatzdiskussionen bezüglich der zu verwendeten Materialien bei einer Vergaserinstandsetzung geführt. Teilweise werden Hochleistungsbuchsen, verchromte Wellen aus Messing, zusätzliche Dichtringe etc. verwendet und als Weltneuheiten gepriesen.
Wir halten uns strikt an die Vorgaben und technischen Verbesserungen
aus den originalen Bauplänen und –zeichnungen der Ingenieure von Solex und Porsche.

Im Internet hat sich das Gerücht verbreitet, daß die 40PII-4 Solex Vergaser selbst durch eine Reparatur nicht laufstabil würden.
Diese Aussage entspricht jedoch nicht der Wahrheit, falls die Vergaserinstandsetzung von Fachleuten nach den hohen Qualitätsanforderungen von Solex und Porsche durchgeführt wurde. Zu Produktionsbeginn dieser Serie wurden die Vergaser noch mit durchgehenden Drosselklappenwellen im Werk hergestellt. Durch die Verschraubung der Vergaser mit den Saugrohren verzog sich das Gehäuse, was zu Schwergängigkeit der Drosselklappenwellen (besonders in Leerlaufnähe) und damit zu schwankenden Leerlauf-Drehzahlen führte. In diesem Zustand kann die Bypassansteuerung unmöglich funktionieren.

Deshalb erfolgte im Solex-Werk bei späteren Modellen dieser Vergaserserie die Änderung auf geteilte Drosselklappenwellen mit einer Kupplungsmechanik.
Im Internet ist zu lesen, daß einige Fachleute von dieser Variante nur deshalb abraten, da ein flexibles Ausgleichstück aus Gummi verwendet wird, welches im Laufe der Jahre evtl. hart und spröde werden könnte und deshalb zu den Synchronisationsproblemen führen soll. Dieses Argument lassen wir jedoch nicht zählen, da man das Gummistück wie jedes Verschleißteil z.B. bei jedem Ölwechsel kontrollieren und ggfs. ersetzen könnte.

Wir bauen die zu überholenden Vergaser immer auf geteilte Wellen um, falls dies noch nicht geschehen ist. Dies ist zwar ein erheblicher Arbeitsaufwand, aber bei einer seriösen Überholung unverzichtbar, da nur so die oben erwähnten Leerlaufschwierigkeiten oder die sonstigen bekannten Probleme z.B. Sägen, Patschen, Knallen und Schwierigkeiten beim Startvorgang in den Griff zu bekommen sind.

Eine spätere Laufunruhe nach der Überholung liegt dann 100%ig nicht an den Vergasern, sondern ist z.B. in der Zündanlage oder dem Motorumfeld (Kompression, Ventile, Kerzen) zu suchen.
Nach Einbau der überholten Vergaseranlage sollten die Ventile und die Zündung in jedem Fall von einem Fachmann eingestellt werden.

Wir empfehlen unseren Kunden die Umrüstung auf eine kontaktlose Transistorzündanlage, in Kombination mit Hochleistungszündkabeln, Spule, Widerstand und Spezial Zündkerzen. Das Ergebnis ist wirklich überzeugend: Seidenweicher Motorlauf und eine perfekte Verbrennung.

Zu der einwandfreien Funktion der überholten Vergaser trägt auch immer die Benzinpumpe bei. Diese sollte demnach auch überholt werden, damit der richtige Förderdruck und –menge anliegen. Die Überholung beinhaltet die Erneuerung der Membranen (verbessertes Material, welches resistenter gegen das aggressivere, benzolhaltige Benzin der Gegenwart ist). Außerdem wird das Vordruckventil gewechselt, so dass die Benzinleitungen nicht leer laufen und der Wagen dadurch viel besser anspringt. Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Planschleifen der Dichtflächen zum Motorblock sowie die Überholung bzw. Erneuerung des Pumpenhebels. Abschließend wird die Abdichtung zum Stößel erneuert.
Auf diese Weise kann kein Motoröl über die Bohrungen nach draußen gepumpt werden und den Motorraum verunreinigen.

Parallel zu einer Vergaserüberholung sollten Sie auch immer die Ansaugbrücke überholen. Diese ist erfahrungsgemäß verzogen oder deren Innenleben total verbraucht und verrostet. Falschluft im System kann durch diese Maßnahme von vornherein ausgeschlossen werden.
Um nach dem Einbau der instandgesetzten Vergaser deren korrekte Einstellung und Ansteuerung zu gewährleisten (Stichwort: Synchronisation), sollten desweiteren auch ausgeschlagene Gestänge und Umlenkerlagerwellen der Vergaseransteuerung erneuert werden.


Arbeitsschritte bei der Restaurierung von 40PII-4 Vergasern:
  1. Vergaser komplett zerlegen
  2. Alle Dichtflächen an den Gussteilen werden geplant
  3. Gewinde werden nachgeschnitten (Bei Bedarf werden einzelne Gewinde durch spezielle Gewindebuchsen belastbar repariert)
  4. Ultraschallreinigung (Wichtig: Kein vorheriges Strahlen mit Glasperlen o.ä., da Glas- oder Granulatelemente abrasiv wirken und die Oberflächenschicht beschädigen!)
  5. Neue Buchsen aus Lagerbronze für die Drosselklappenwellen einsetzen
  6. Nacharbeiten der Mischkammerbohrungen mit einer speziellen Fräsmaschine bis die Bohrung rund und sauber ist.
  7. Vermessen der Durchmesser der überarbeiteten Mischkammerbohrungen und Anfertigung von neuen Drosselklappen nach diesen Maßen, passend zur Bypassansteuerung
  8. Präzise Sicherung der Drosselklappen um auch später eine einwandfreie Funktion der wichtigen Bypass-Ansteuerung zu gewährleisten.
  9. Manuelles Polieren der Vergasergehäuse mittels Dremel um die Oberflächenschicht nicht zu beschädigen.
  10. Stahlteile auf Maßhaltigkeit prüfen, falls notwendig Gelenke erneuern, Schrauben einzeln per Feile nachbearbeiten bzw. erneuern.
  11. Teile in der Galvanik silbern verzinken (aus optischen Gründen und zur Protektion)
  12. Sämtliche Düsen reinigen, nach Einstelltabelle von Solex vermessen und prüfen (bei Bedarf erneuern oder ergänzen)
  13. Schwimmer und Nadelventil überprüfen, bei Bedarf erneuern, nach Tabelle vermessen und einstellen.
  14. Vergaser komplettieren, Membranen nach Schablone aus verbessertem Material ohne Überstände passgenau zuschneiden (siehe Abschnitt Benzinpumpe).
  15. Niveau und Einspritzmenge einstellen, Vergaser mit 2m Wassersäule auf Dichtheit überprüfen
  16. Vergaser nach Solex-Tabelle für den Einbau grundeinstellen (Feineinstellung sollte danach am Fahrzeug erfolgen).
Bitte beim Einbau der überholten 40PII-4 Solex Vergaser beachten:
Die einbaufertigen Vergaser dürfen nur durch einen Fachmann montiert und eingestellt werden!
  1. Vorab Motorumfeld überprüfen (Kompressionsmessung, Ventile, Kerzen)
  2. Tank auf Rost, bzw. Schmutz überprüfen und ggfs. erneuern (Hinweis: Der Tank darf nicht von innen versiegelt werden, da hier die Gefahr besteht, daß sich Restpartikel lösen und in den Vergaser gesaugt werden).
  3. evtl. Ölabschirmkappen erneuern (verhindert das Eindringen von Motoröl in den Verbrennungsraum)
  4. CO- und Leerlaufeinstellung nach Werksangaben
  5. Ventile einstellen
  6. Zündung nach Werkstatthandbuch auf bleifrei einstellen

Ich hoffe, daß Sie den Aufwand einer Vergaserinstandsetzung nach den hohen Qualitätsanforderungen von Solex und Porsche nun etwas besser einschätzen können. Bitte seien Sie bei Angebotsvergleichen so fair und stellen die Qualität der abgelieferten Arbeit gegenüber. Eine technisch perfekte Instandsetzung der 40PII-4 Solex Vergaser mit 100%iger Funktionsgarantie gibt es nicht zum Nulltarif.

Sie sollten sich nicht von niedrigen Preisen blenden lassen, denn so manche Schnäppchenreparatur hat sich schon des Öfteren zu einem schier endlosen Alptraum und einem Eurograb für den jeweiligen Besitzer entwickelt.

Bei weiteren Fragen können Sie mich gerne telefonisch 02102/845992 oder per E-Mail ostermeier@classicteile-oed.de kontaktieren.
Weitere Solex-Vergaser finden Sie auch in unserem Shop.
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